Fasten wie im Mittelalter – Das Gesundheitsvermächtnis der Hildegard von Bingen

Kaum hat das neue Jahr begonnen und der Frühling ist nicht mehr fern, gilt es für viele, die eigene Fitness und die Gesundheit wieder auf Vordermann zu bringen. Neben sportlichen Aktivitäten steht dann zwecks Entschlackung nicht selten auch Fasten auf der Agenda der guten Vorsätze- ein Trend, für den sich immer mehr begeistern.

Eine, die den Menschen neben einer ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Kräutern auch diverse Ausleitungsverfahren wie beispielsweise der Aderlass oder das Schröpfen bereits vor rund 900 Jahren ans Herz legte, war die Benediktiner-Äbtissin Hildegard von Bingen. „Sie hat in ihren Visionen das Wesen der Nahrungsmittel geschaut und beschrieben, wie sie auf den Organismus des Menschen wirken“, erläutert die Gynäkologin Dr. med. Carmen Kirstgen aus Mühltal, die sich auch auf Naturheilverfahren spezialisiert hat und bestens vertraut ist mit den Lehren der berühmten Ordensfrau.

Die weise Benediktinerin sah in ihrem Medizinverständnis als einer der ersten einen engen Zusammenhang zwischen dem Wohlbefinden des Menschen und dem, was er zu sich nimmt- dass sich das Wohl von Leib und Seele offenbar gegenseitig bedingt. „Wenn nämlich ein Mensch an allerlei Mühsal, Angst und Folgen von vielerlei Speisen und Getränken leidet, so dass sich durch ungeeignete Speisen und Getränke verkehrte Schlackenstoffe angesammelt haben“, stellt Hildegard in einer ihrer zahlreichen überlieferten Schriften fest, „dann kommt die erschütterte und ermüdete Seele zum Erliegen.“

Für die bekannte Mystikerin, Prophetin und Heilkundlerin, die heute als Visionärin und Vorreiterin der Naturmedizin gilt, sind Fasten genauso wie ausgewogene Ernährung allerdings mehr als nur zwei Maßnahmen für eine bessere Gesundheit. Sie sind eingebettet in das christliche Weltbild, wo die Seele, der Geist und der Körper des Menschen als Teil der gesamten Schöpfung und der göttlichen Ordnung untrennbar miteinander verbunden sind und im Einklang zueinander stehen sollen. Eine Vorrausetzung dafür ist -gemäß Hildegard von Bingen- stets das rechte Maß in allen Lebensbelangen einzuhalten. Alles Übermäßige, Übertriebene war der gelehrten Nonne suspekt.

Dieser Grundsatz gilt deshalb auch beim Fasten, also Maß halten. „Hildegard von Bingen sieht Fasten sehr umfassend und sie lehnt es in seiner strengen, extremen Form ab“, kommentiert Carmen Kirstgen. „Bei ihr geht es nicht nur um den Körper. Sie sieht immer die Gesamtschau von Körper, Seele und Geist. Fasten ist eine zentrale Übung, damit der Mensch wieder heil werde, in all seinen Lebensbeziehungen und in seiner Lebenseinstellung.“ Für Hildegard bedeutete Fasten, eine Tür nach innen zu öffnen. Sie sah darin eine ideale Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Laster abzubauen und stattdessen die Tugenden zu fördern.

Die Zutaten, welche die Ordensfrau zur Ausleitung und damit zur Reinigung des Organismus empfiehlt, unterscheiden sich ebenfalls deutlich von denen anderer, herkömmlicher Fasten-Methoden. Das elementare Basis-Produkt ist hier- ebenso wie es bei der täglichen Ernährung sein sollte- ein extrem nahrhafter und leicht verdaulicher Ur-Weizen, der praktisch alle Kohlenhydrate, Eiweiße, Mineralien und Spurenelemente enthält, die der Mensch zum Leben braucht und laut Hildegard „Lebensenergie und Frohsinn“ schenkt. „Es handelt sich dabei um Dinkel. Er steht als Getreide im Vordergrund. Dazu kommen noch viele sogenannte Hildegard-Gewürze wie der Bertram, Galgant, Ysop, Quendel und Fenchel.“, ergänzt Dr. Kirstgen.

Wer mehr erfahren will über diese spezielle Art zu fasten und außerdem die wegweisenden Lehren und die Philosophie der größten Heilkundlerin des Mittelalters besser kennen lernen möchte, hat demnächst die Möglichkeit seinen Wissensdurst bei Veranstaltungen zu dem Thema zu stillen. „Die Originaltexte von Hildegard sind für uns heute nicht einfach zu lesen. In einer Vortragsreihe werden jedoch einige Texte vorgestellt und erklärt. Aber auch ihre Bilder, ihre Musik und ihre zentrale Botschaft für die Menschen, die für uns heute aktueller denn je ist, werden vorgestellt“, so Expertin Kirstgen. „Der Einführungsvortrag in das gemäßigte Dinkel-Fasten nach Hildegard fand am 5.2.2015 statt. Wer interessiert ist, kann sich vom 24.02. bis 03.03. 2014 in einer Gruppe aufmachen, das Ganze im eigenen Alltag zu testen.“

Weitere Informationen und Anmeldung unter www.angewandte.geburtshilfe.de oder www.dr-kirstgen.de